Life & Style

In a Mirror Invisible – Baddy’s Paradise

Das Brukenthal National Museum in Hermannstadt/Sibiu lässt die Besucher in einen verführerischen Paradiesgarten eintauchen!

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Aus der Redaktion

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January 20, 2018

Das Brukenthal National Museum in Sibiu/Hermannstadt, Rumänien, ist eines der ältesten Museen der Welt und gehört zu den einflussreichsten Museen im osteuropäischen Raum. Es trägt den Namen des Aufklärers Samuel von Brukenthal (1721-1803), der in seinem Testament seine bedeutende Sammlung der evangelischen Kirche vermachte, mit der Bedingung, diese für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Im Frühling 2011 durfte die zum Museum gehörende Galerie für Zeitgenössische Kunst als erste Institution Baddy Dolly Jane dem ansässigen Publikum präsentieren. Die Ausstellungsmacher verwandelten die Ausstellungsräume in einen verführerischen Baddy-Dolly-Jane-Paradiesgarten. Besonderes Highlight: Die Künstlerin erschien persönlich zur Eröffnung und wurde mit allen Ehren empfangen.

Baddy's Paradise

Überraschend, geheimnisvoll und mehrdeutig – schon mit der Titelwahl „In a Mirror Invisible: Baddy's Paradise“ verspricht die Ausstellung genau dies zu sein. Mehr als eine Ausstellung ist die Schau eine verwirklichte Utopie, die hier ins Diesseits des Brukenthal National Museums „verpflanzt“ wurde. Es ist ein Ort, der durchzogen ist von religiöser und politischer Symbolik, in dessen Zentrum die Schöpferin und Ikone Baddy Dolly Jane steht.

Paradies mit schwarzen Engeln

Seltsam verzerrt präsentiert sich der Paradiesgarten, in dem das Baddysche Gebot herrscht:Für den Eintritt in den Garten liegt eine Fußmatte mit Schmetterlingsmotiv bereit, um die Funktion eines Reinigungsrituals zu erfüllen. Tageslicht fällt seitlich in den großen Saal ein, der kühl und einladend zugleich wirkt. Das räumliche und konzeptuelle Zentrum der Ausstellung ist eine Säule, um die sich in barocker Manier ein Rankenwerk emporschlängelt. Bei genauer Betrachtung, entdeckt man zwischen den appetitlichen Früchten kleine, schwarz bemalte Engel. Bleibt man in der biblischen Metaphorik des Paradiesgartens, wirkt diese zentrale Konstruktion wie eine allegorische Verschmelzung aus dem Baum des Lebens und dem Baum der Erkenntnis. Die Säule mündet in das mit kleinen, herzförmigen Spiegeln behängte Deckengewölbe, deren imposante Form eine fließende Verbindung zwischen Baum und Ausstellungswänden schafft. Diese sind mit archaisch anmutenden Baumsilhouetten bemalt, die eine bedrohliche Stimmung erzeugen. Der Paradiesgartenzaun ist hier zu einer Linie in der Signalfarbe Rot mutiert, die sich rund um den Ausstellungssaal zieht. An ihr sind Fotografien mit globalpolitischen Inhalten angebracht: Baddy in Moskau im Kreml, Baddy in Ägypten während der Revolution, Baddy vor einem englischen Militärflugzeug aus dem Zweiten Weltkrieg. Im Zentrum der Hängung befindet sich das Triptychon „Baddy im Paradiesgarten“. Entsprechend der spirituellen Dimension des Ortes – seit der Renaissance dargestellt als blühender Garten, in dem irdische Freuden wie Gesang, Konversation und Tanz kultiviert werden – werden hier Filme über Baddy und ihre rebellischen Aktionen auf wichtigen Kulturevents gezeigt. Keifende Schreie und aggressive Parolen bestimmen nachhaltig die Atmosphäre dieses Paradiesgartens. In Kontrast dazu wirken die verstummten,  überdimensionalen Ikonen von Adam und Eva fremd und abwesend zugleich.

Richtige Zeit, richtiger Ort

Dass die Ausstellung gerade hier stattfindet, ist kein Zufall: In Rumänien ist seit der Wende von 1989 eine starke Kommerzialisierung des Kunstbetriebs zu beobachten: Das Fehlen von unabhängigen Kommissionen im staatlichen Budgetierungssystem für die Kulturförderung und die bestehenden Einflussmöglichkeiten ausländischen Devisenkapitals geben drastischer Manipulation des Kulturbetriebs Raum.

Seit einigen Jahren bewegt sich der Fokus des Kunstbetriebs verstärkt Richtung Osten und die westlichen etablierten Machtstrukturen finden ihren Weg zu den osteuropäischen Kunstinstitutionen. Das hat auch beträchtliche Auswirkungen auf die Kunstproduktion im eigenen Land. Dem rumänischen Publikum und Kulturschaffenden, dessen ästhetische Bildung Jahrzehnte durch die Utopien des Kommunismus’ geprägt wurde, erschließen sich neue (Denk-)Räume. Doch ist dies eine wünschenswerte Weiterentwicklung oder stülpt der Westen dem Osten seine Utopien und Wertesysteme  über? Bestimmte ästhetische Erfahrungen, die über diesen Zeitraum lediglich neben der Staatskunst im privaten Rahmen existierten, werden nun in Beschleunigung angeeignet. Die Gefahr, in ein neues Dogma zu verfallen, ist gegeben.

An dieser Stelle setzen die Ausstellungsmacher an: „Die im osteuropäischen Kulturleben besonders virulente Thematik des strukturellen Missbrauchs von künstlerischer Produktion und Reflexion wird von Baddy Dolly Jane bereits für westeuropäische Verhältnisse in einzigartiger Weise auf hoher intellektueller und künstlerischer Ebene bewältigt.“ Der Besucher, der sein Paradies hier zu finden hofft, sei also gewarnt: Dieser Paradiesgarten erzählt von den Schattenseiten des Kunstbetriebs und lenkt den Fokus auf Verstrickungen, Seilschaften, Positionsmissbrauch und Korruption in der Kulturlandschaft – oder, um es mit den Worten des tschechischen Schriftstellers und Widerstandskämpfers Julius Fučík zu sagen – „Menschen, ich hatte euch lieb, seid wachsam.“ ■

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